Ich hatte seit Monaten die erste Nacht in einem richtigen Bett hinter mich gebracht und saß in der Hostelküche. Ich löffelte gerade Cornflakes aus einer Schüssel als plötzlich mein Handy klingelte.

Es war Arne. Er rief mich von unserem Zimmer aus an und erzählte mir, dass soeben Paspaley (größtes Pearlingunternehmen in Australien) bei ihm angerufen hätte. Wir sollten für einen medizinischen Check in ihr Büro kommen.

Ich traute meinen Ohren nicht. Das erste was ich fragte war: „Du verarschst mich, oder?“. Arne verneinte und erklärte es mir erneut. Ich konnte es immer noch nicht fassen und musste wieder fragen, ob er mich nicht doch auf den Arm nahm.

Eine Stunde später standen bei Paspaley auf der Matte. Sie drückten uns ein Infoblatt mit Wegbeschreibung zu einem Arzt in die Hand. Sie hatten bereits für jeden von uns einen Termin am nächsten Tag vereinbart. Wir blieben zunächst misstrauisch, denn schon zu oft hatten wir uns zu früh Hoffnungen gemacht.

Das Timing war auch denkbar ungünstig, denn genau an diesem Abend wollten wir Vanessa und John verabschieden, die uns leider am nächsten Tag verließen. Wir hatten eigentlich vor ordentlich zu trinken und in einer nahe gelegenen Disko zu feiern.

Aus Angst vor einem Kater und Alkoholtests bei der Untersuchung entschieden wir uns der Abschiedsfeier nicht beizuwohnen.

Vanessa war bereits mit ihren Arbeitskollegen essen gegangen und wartete in der Disko auf uns. Bastian besuchte uns noch kurz im Hostel, wir erklärten ihm die Sachlage. Er konnte unsere Entscheidung überhaupt nicht verstehen und verschwand ein paar Minuten später ebenfalls Richtung Disko.

Es war ca. 20 Minuten später, ich hatte gerade geduscht und stand vor dem Spiegel in der Toilette um mich zu rasieren. Durch die Tür, die immer offen stand, konnte ich ganz klar Vanessas Stimme hören. Ich konnte allerdings nur einen Satz verstehen, genau in dem Moment an dem sie an der Tür vorbei lief. „There is no excuse!!!“ sagte sie zu ihren Mitarbeitern, die ihr von der Disko gefolgt waren und alle brav hinter ihr herliefen.

Ich wusste, dass sie tierisch sauer war und der Satz uns galt. Zum Glück hatte sie mich nicht bemerkt. Keine Ahnung was sie zu den anderen gesagt hatte, aber was es auch immer war, es war kurz und bündig - denn schon eine Minute später fegte sie wieder an der Toilette vorbei, gefolgt von den Mitläufern die sie immer noch im Schlepptau hatte.

Ich fühlte mich schlecht, aber angesichts des bevorstehenden Tests und unserer Situation war es die richtige Entscheidung.

Wir gingen früh schlafen, um am nächsten Tag so fit wie möglich zu sein. Würde einer von uns durch den Test fallen, dann wäre es für denjenigen eine absolute Katastrophe - denn dies war die einzige Chance in absehbarer Zukunft Geld zu verdienen.